
Wie könnte es anders sein? Emil Berliner erfand die Serielle Schallplatte!
Im Jahre 1887 (Sie haben richtig gelesen!), also nun vor mehr als 135 Jahren, entwickelte Emil Berliner – auf Grundlage der Technologie des Edison Phonographen und der Weiterentwicklung von Charles Tainter – ein Gerät, das Schallwellen mit Hilfe einer Nadel reproduzierte.
Am 27. Oktober 1887 stellte Emil Berliner ein Aufzeichnungsgerät vor, welches in eine Zink-Platte reproduzierte Schallwellen ritzte. Der Vorläufer der Schallplattenmatrize war entstanden.
Im August 1888 begann dann die Erprobung einer seriellen Herstellung von Schallplatten aus weicherem Material. Schließlich, im Jahre 1889, nach einer Serie weiterer Erprobungen, gelang die Entwicklung einer Schallplatte aus vulkanisiertem Hartgummi. Aber noch klangen die Schallplatten so schlecht, dass ein Übersetzungstext für das Gehörte schriftlich vorliegen musste.
Emil Berliner ersetzte 1896, als Folge des sich eingestellten Misserfolgs, das vulkanisierte Hartgummi durch eine Pressmasse der Firma Duranoid (welches im Wesentlichen auf Schellack beruhte). Die Schellackplatte (die später so genannte Berliner Schallplatte) war geboren. Sie wurde ein Erfolg. Es sollte dennoch lange dauern, bis die Schallplatte die Tonqualität erhielt – so wie wir sie heute kennen. Noch 1980 waren Beatles Schellackplatten aus Indien im Umlauf. Emil Berliner war übrigens auch der Mitbegründer des berühmten Klassikmusik-Labels Deutsche Grammophon.
Erst 1948 gelang der Firma Nicole Records (GB) die Herstellung einer Schallplatte in Polyvinylchlorid (PVC). Schmalere Rillen konnten gepresst werden – die Tonqualität wurde enorm verbessert. Die Schallplatte in „Vinyl“ begann ihren Siegeszug und löste sukzessive die Schellackplatte (Berliner Schallplatte) ab. 1957 folgte dann die Stereo-Schallplatte durch EMI-Records (basierend der Entwicklung von Alan Blumlein aus dem Jahre 1930).
Der für die Vinyl-Schallplatte berühmte und weiche sowie subjektiv harmonisch wirkende Sound (gegenüber digitalem Sound) erfährt seit 2006 eine Renaissance. DJs und Musikliebhaber erfreuen sich weltweit dieser Entwicklung, der 100.000 Hz, die jene Schallplatte einzigartig wiedergibt (voraussetzend des Tonabnehmersystems). 120 Millionen Schallplatten wurden weltweit nur im Jahre 2022 verkauft! Allein in Deutschland waren es 4,3 Millionen Schallplatten (Statista). Laut dem Fachmagazin hifi-regler.de sind Vinyl-LPs allerdings mit rund 30 Prozent am Gesamtumsatz aller Musikverkäufe beteiligt (obwohl der Marktanteil nur bei 6% liegt). Grund dafür ist der Preisanstieg; der „Run“ auf die lediglich in geringer Zahl vorhandenen Presswerke ist hoch, die Materialkosten steigen und natürlich gibt es da auch noch die Preispolitik der großen Entertainment-Labels Sony, Time Warner und Universal.

Wie entwickelte sich der Vertrieb online?
Die Schallplattentauschbörsen im Internet machten ab ca. den 2000ern den Anfang. Denn bis sich die physischen Kaufhäuser und Fachgeschäfte gemäß der Nachfrage wieder mit einer guten Auswahl füllten (wobei diese Entwicklung nur eine relativ kurze Periode war), starteten Neu- und vor allen Dingen Gebrauchtschallplatten-Plattformen im Internet wie Discogs (welche inzwischen die größte Online-Musikdatenbank schlechthin darstellt) den Verkauf im Internet. Plattformen wie Amazon folgten ebenso recht zügig – gemäß der steigenden Nachfrage – wie auch andere Händler bzw. Plattformen. Heute ist das Internet die Distributionsplattform für Schallplatten.
Aber was sind die Gründe für die Renaissance bzw. der seit 2006 steigenden Nachfrage nach Schallplatten?
Sicher, die Redewendung „Oldies but Goodies“ spielt eine Rolle. Denn eine Vielzahl an Musikwerken wurde bis heute nicht neu aufgelegt (in digitaler Form) bzw. sind auch über Streaming-Dienste wie Spotify und Deezer nicht abrufbar. Ein Test mit der Musikerkennungs-App Shazam offenbarte recht zügig, dass diese Datenbank nicht alles weiß bzw. Angebote bestimmter Musikwerke nicht vorhanden sind. Auch nicht über YouTube oder andere Video-Portale wie Vimeo. Lediglich aber auf Vinyl, über Gebrauchthändler, können bestimmte Musikwerke, einzigartige Versionen, erworben werden, welche im Blüte-Zeitalter der Schallplatte veröffentlicht wurden. Und natürlich sind da noch die Sammler. Denn bestimmte Schallplatten sind heute bis zu tausende an Euros wert.
Aber ist das tatsächlich alles an Gründen?
Nein. Es ist auch der einzigartige Klang der Schallplatte, welcher nach wie vor verzaubert. So schrieb das Fachportal soundandrecording.de im Jahre 2019 folgendes dazu:
„Einer der Gründe für die wahrgenommene Wärme, so Mastering-Engineer Bob Katz, sind die »Phasenverschiebungen zwischen den Kanälen, die eine angenehm klingende ›Unschärfe‹ des Stereobilds hinzufügen. Die empfundene Stereotrennung, -abbildung und räumliche Tiefe wird dadurch verbessert“.
Und weiter schrieb das Fachportal:
„Heutzutage wird die überwiegende Mehrheit neuer Pop-Platten von digitalen Quellen produziert − oft 24 Bit/96 kHz −, und sogar Kritiker stellen meistens fest, dass die Vinyl-Version am Ende wärmer klingt. Hier spielen Verluste im Höhenspektrum aufgrund der physikalischen Beschaffenheit von Vinyl eine Rolle, was den ›warmen‹ Eindruck verstärkt.“
Aber unabhängig des besonderen Sounds der Schallplatte ist das Haptische (das die Musik, der Tonträger, in die Hand genommen wird und ein umfassendes Booklet wichtige Informationen bietet) eine weiteres Kriterium. Genauer: das Gefühl zu haben, ein Musikwerk, eine Sammlung von Musikwerken zuhause „konserviert zu haben“, dass die „eigene“ Musik wortwörtlich immer greifbar ist (unabhängig vom Internet oder einem virtuellen Raum sowie einer steten Bezahlung als Grundvoraussetzung – um letztlich nur Musik zu hören). Also das Gefühl vorliegt, das eine gewissen Unabhängigkeit besteht.
Hat die Schallplatte eine Zukunft?
Die Frage nach einem ultimativen Datenträger, welcher stets abrufbar ist, ist eine der großen Fragen der Zeit. Denn wie sieht der gesicherte Datenabruf in 100 Jahren aus? Für junge Menschen von heute, der Altersgruppen 16 bis 30, spielt (so belegen es auch die Nutzungszahlen der Musikverwertungsgesellschaften und Musikverlage und auch Streaming Portale) die Schallplatte keine besondere Rolle. Und so ist auch prognostizierbar, dass die Schallplatte eines Tages zwar nicht gänzlich verschwinden, aber dennoch für den überwiegenden Teil der Musikhörer in kommenden Jahrzehnten unbedeutend wird; der Marktanteil von 6% bereits dazu heute ein Hinweis ist. Die Schallplatte wird aber dennoch als Musikarchiv, als ein Artefakt der Musikgeschichte – neben der Musiknoten – sicher erhalten bleiben. Und für echte Hör-Liebhaber, welche sich dieses dann doch sehr kostspielige Vergnügen leisten wollen bzw. auf diesen besonderen, einzigartigen Sound nicht verzichten wollen, wird die Schallplatte weiterhin eine Bedeutung haben. Die Schallplatte ist ein besonderer Luxusartikel.
Hier finden Sie eine kleine Liste an interessanten Schallplattenspieler-Herstellern, der Preis-Spanne von 300 bis 5.000 Euro:
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Für Tonabnehmersysteme:
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© Artikel „Vinyl – das bis heute einzigartige 100 KHz-Wunder!“ veröffentlicht am 20.06.2006 auf Tommaxx Orange LTD,
Überarbeitet veröffentlicht am 26.03.2024 auf drnikolausandre.com.


